Neues im Urlaubsrecht bei Übertragung und Kurzarbeit

Das Urlaubsrecht wird seit einigen Jahren regelmäßig durch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichtes neu bewertet:

Arbeitgeber und Arbeitnehmer streiten häufig über Urlaubsansprüche, die im jeweils laufenden Jahr nicht gewährt bzw. genommen wurden. Nach § 7 des Bundesurlaubsgesetzes darf eine Übertragung des Urlaubs in das nächste Kalenderjahr nur stattfinden, wenn dies dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe rechtfertigen.

Ganz so einfach verfällt der Urlaubsanspruch allerdings nicht:

Erst im Jahr 2018 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Arbeitgeber dafür Sorge tragen muss, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub auch tatsächlich nehmen. Ohne ausdrücklichen Hinweis auf den möglichen Verfall und die tatsächliche Möglichkeit, den Urlaub zu nehmen, wird er zunächst ins 1. Quartal des Folgejahres übernommen. Ist die tatsächliche Handhabung aber großzügiger, wird also üblicherweise im Betrieb auch Vorjahresurlaub auf das gesamte anschließende Kalenderjahr übertragen, so ergibt sich hieraus auch ein Anspruch. Bei Erkrankung des Arbeitnehmers auch über den 31.03. des Folgejahres hinaus bleibt der Urlaubsanspruch nach neuester Rechtsprechung noch bis zum 31.03. des darauffolgenden Jahres erhalten. Dann verfällt er nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes jedoch endgültig.

Aktuell hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 30.11.2021 auch entschieden, dass aufgrund Ausfalls von einzelnen Arbeitstagen durch Kurzarbeit dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs ggf. zu berücksichtigen ist.

Grundsätzlich stellt das Bundesarbeitsgericht noch einmal klar, dass sowohl beim gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch als auch beim darüber hinausgehenden vertraglichen Urlaubsanspruch dieser anteilige Anspruch mit der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage zu berechnen ist; z.B. 24 Werktage Urlaub x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht : 312 Werktage (Urteil des BAG vom 19.03.2019).

Wurden beispielsweise in einem Kalenderjahr drei Monate Kurzarbeit mit vollständigem Ausfall der Arbeitsleistung durchgeführt, so ist bei der Urlaubsberechnung nur von ¾ des Jahresurlaubsanspruches auszugehen.

Dies gilt nach einer weiteren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 30.11.2021 auch dann, wenn die Kurzarbeit wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt wurde.

Das Bundesarbeitsgericht beruft sich insoweit immer wieder auf den vom Gericht entwickelten allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Umfang des Erholungsurlaubs während des Urlaubsjahres zur bestehenden Arbeitspflicht ins Verhältnis zu setzen ist.

Eine entsprechende Kürzung des Urlaubs findet jedoch in vergleichbaren Fällen nicht automatisch statt. Bei der Elternzeit muss das Kürzungsrecht des Arbeitgebers aktiv durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt werden. Geschieht dies nicht während der Elternzeit, ist der Urlaub im Anschluss zu gewähren oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten (BAG, Urteil vom 19.03.2019).

Regelmäßig kommt es also auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht, René Henkys und Michael Klock, beraten Sie gerne.